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Beantragung technischer Pflegehilfsmittel

Wie Du sie beantragst und was bei einer Ablehnung zu tun ist

Lesedauer: 9 Minuten
Autor: Ella Rohrhirsch
Erstellt: 1.6.2023

Technische Pflegehilfsmittel spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der Pflege und Betreuung von Menschen mit Unterstützungsbedarf. Sie ermöglichen es den Pflegebedürftigen, ihre Selbstständigkeit zu bewahren und ein möglichst eigenständiges Leben zu führen. Allerdings gibt es häufig Hürden bei der Beantragung und Bewilligung dieser Hilfsmittel durch die Krankenkassen. In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf den Prozess der Antragstellung und die Gründe, aus denen benötigte technische Pflegehilfsmittel abgelehnt werden können. Zudem werden wir Lösungsansätze aufzeigen, was Pflegebedürftige und ihre Angehörigen tun können, wenn ein Antrag abgelehnt wird. Die Analyse des Pflegehilfsmittelverzeichnisses, die Möglichkeit der selbstständigen Antragstellung sowie die Rolle von Gutachtern und Pflegekräften werden ebenfalls erörtert.

1. Das Pflegehilfsmittelverzeichnis

Das Pflegehilfsmittelverzeichnis ist eine wichtige Ressource für pflegebedürftige Menschen und ihre pflegenden Angehörigen. Es handelt sich dabei um eine umfassende Auflistung von technischen Hilfsmitteln, die von der Pflegeversicherung als notwendig anerkannt und bezuschusst werden. Das Verzeichnis enthält eine Vielzahl von Produkten, die dazu dienen, den Alltag von pflegebedürftigen Menschen zu erleichtern und ihre Selbstständigkeit zu fördern. Es dient als Leitfaden für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen, um herauszufinden, welche Hilfsmittel von der Pflegeversicherung finanziell unterstützt werden.

Im Pflegehilfsmittelverzeichnis finden sich verschiedene Kategorien von Hilfsmitteln, die unterschiedliche Aspekte der Pflege abdecken. Dazu gehören beispielsweise Mobilitätshilfen wie Rollstühle, Gehhilfen und Treppenlifte, die es Menschen ermöglichen, sich eigenständig fortzubewegen und an Aktivitäten teilzunehmen. Ebenfalls aufgeführt sind Pflegebetten mit elektrischer Verstellbarkeit, die das Aufstehen und Hinlegen erleichtern, sowie Toilettenstühle und Badewannenlifte, die die Sicherheit und Selbstständigkeit bei der Körperhygiene erhöhen.

Das Pflegehilfsmittelverzeichnis umfasst jedoch nicht nur physische Hilfsmittel, sondern auch technische Unterstützungssysteme. Dazu zählen zum Beispiel Hausnotrufanlagen, die es pflegebedürftigen Menschen ermöglichen, im Notfall schnell Hilfe anzufordern (hier kannst du ein Hausnotrufystem beantragen), sowie intelligente Sensoren zur Sturzerkennung, die frühzeitig Alarm schlagen, um das Risiko von Stürzen zu reduzieren (lies hier mehr über die Sturzprophylaxe). Diese technischen Hilfsmittel tragen maßgeblich dazu bei, die Sicherheit und das Wohlbefinden der Pflegebedürftigen zu gewährleisten.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jedes einzelne Hilfsmittel im Verzeichnis aufgeführt ist. Es können auch andere Hilfsmittel in Frage kommen, die nicht explizit gelistet sind, aber dennoch als notwendig erachtet werden können. In solchen Fällen ist es ratsam, sich mit der Pflegekasse in Verbindung zu setzen und den Bedarf individuell zu klären.

2. Die selbstständige Beantragung technischer Pflegehilfsmittel

Prinzipiell müssen technische Pflegehilfsmittel nicht ärztlich verordnet werden, sondern können direkt bei der Pflegekasse beantragt werden. Die Pflegekasse stellt dem Pflegebedürftigen dann eine Bestätigung über die Notwendigkeit der Pflegehilfsmittel aus. Mit dieser Bestätigung erhält der Pflegebedürftige die benötigten technischen Pflegehilfsmittel vom zugelassenen Leistungserbringer. Der Leistungserbringer rechnet dann direkt mit der Pflegekasse ab.

Bei größeren Hilfsmitteln wie Pflegebett oder Rollstuhl ist jedoch eine Verordnung des Arztes beim Leistungsbringer, zum Beispiel dem Sanitätshaus, einzureichen. Der betreuende Arzt oder die betreuuende Pflegekraft kann diese Verordnung bzw. Empfehlung ausstellen. Sie sollte die genaue Bezeichnung des Hilfsmittels sowie eine Erläuterung, aus welchen Gründen das Hilfsmittel aus medizinischer Sicht notwendig ist (inkl. Diagnose), enthalten.

Für die Kostenübernahme können sowohl die Krankenkasse als auch die Pflegekasse des Pflegebedürftigen in Frage kommen, wobei die Krankenkasse vorrangige Leistungspflicht hat. Deshalb prüfen sowohl das Sanitätshaus, als auch die Pflegekasse, die Kostenübernahme und untersuchen, ob das Pflegehilfsmittel gegebenenfalls von der Krankenkasse, statt der Pflegekasse bezahlt werden muss.

Die Pflegekasse muss über den Antrag innerhalb von 3 Wochen nach Antragseingang entscheiden. Ist ein medizinisches Gutachten notwendig, verlängert sich die Frist auf 5 Wochen. Kann die Pflegekasse die Fristen nicht einhalten, muss sie dies unter Angabe von Gründen dem Antragssteller bzw. dem Pflegebedürftigen schriftlich mitteilen. Erfolgt diese Mitteilung nicht, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

3. Die Beantragung durch einen Gutachter oder eine Pflegekraft

Im Rahmen der Pflegebegutachtung, die für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 oder Pflegegrad 3 zwei Mal im Jahr, für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 oder Pflegegrad 5 vier Mal im Jahr verpflichtend ist, kann der Medizinische Dienst oder der von der Pflegekasse beauftragte Gutachter im Gutachten konkrete Empfehlungen zur Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Diese Empfehlungen gelten jeweils als Antrag auf diese Leistungen, sofern die begutachtete pflegebedürftige Person zustimmt.

Mit der jeweiligen Empfehlung des Gutachters wird zugleich bestätigt, dass die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln notwendig beziehungsweise die Versorgung mit bestimmten pflegerelevanten Hilfsmitteln der gesetzlichen Krankenversicherung erforderlich ist.

Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung und Beratungseinsätze ebenfalls bei der Antragstellung durch den Pflegebedürftigen konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Damit entfällt eine zusätzliche fachliche Prüfung der Notwendigkeit der Versorgung durch die Pflege- oder Krankenkasse.

Diese Regelungen dienen der Vereinfachung des Antragsverfahrens, damit die Versicherten wichtige Hilfsmittel zur Förderung ihrer Selbstständigkeit schneller und einfacher erhalten.

4. Warum werden benötigte Hilfsmittel von der Krankenkasse abgelehnt?

Es kann passieren, dass die zuständige Krankenkasse bzw. Pflegeversicherung die Kostenübernahme für ein technisches Pflegehilfsmittel ablehnt. In diesem Fall lohnt sich ein Widerspruch, der begründet sein sollte.

Entscheidet die zuständige Krankenkasse bzw. Pflegeversicherung, dass das technische Pflegehilfsmittel nicht notwendig sei, lehnt sie die Kostenübernahme ab. Das hat häufig zwei Gründe.

Zum einen kann es sein, dass der Sachbearbeiter der Krankenkasse nicht ausreichend geschult ist und somit die Notwendigkeit und den Nutzen des Hilfsmittels nicht einschätzen kann. Er lehnt die Kostenübernahme deshalb aus Unwissenheit ab.

Zum anderen spielt auch das fehlende Wissen über die persönliche Situation des antragstellenden Pflegebedürftigen eine große Rolle. Der Sachbearbeiter weiß bei der Entscheidung nicht, wie stark eine Erkrankung ausgeprägt ist und wie sie sich auf den Alltag des Pflegebedürftigen auswirkt. Zudem liegen ihm möglicherweise auch keine Informationen über das Wohnumfeld oder das Vorhandensein einer Unterstützung für den Pflegebedürftigen vor. Da die Sachbearbeiter der Krankenkassen die Entscheidung über eine Kostenübernahme meist auf Aktenlage fällen, ist eine individuelle und ausreichende Beurteilung meist unmöglich.

Weitere Gründe für eine Ablehnung der Kostenübernahme können zum Beispiel eine fehlende Kassenzulassung sein (dann ist eine Verhandlung mit der Krankenkasse möglich oder eine Zuzahlung aus eigener Tasche), dass das beantragte technische Pflegehilfsmittel als allgemeiner Gebrauchsgegenstand durchgeht (keine spezifischen Funktionen speziell für Pflegebedürftige oder Menschen mit Behinderung), oder dass das technische Pflegeheilfsmittel unwirtschaftlich ist (es gibt eine kostengünstigere Variante, die die Krankenkasse zur Verfügung stellt).

5. Was tun, wenn das technische Pflegehilfsmittel abgelehnt wurde?

Wurde die Kostenübernahme für das technische Pflegehilfsmittel abgelehnt, sollte innerhalb der auf dem Schreiben angegebenen Frist ein Widerspruch gestellt werden.

Wir empfehlen, den Widerspruch begründet zu stellen, das heißt, dass ihr Gründe aufführt, weshalb ihr der Entscheidung der Krankenkasse widersprecht. Besonders hilfreich ist es, wenn ihr dafür das Ablehnungsschreiben der Krankenkasse zur Hand nehmt und Schritt für Schritt der Begründung der Ablehnung widersprecht.

Nachdem ihr den Widerspruch bei der Krankenkasse eingereicht habt, hat die Krankenkasse wieder die Möglichkeit, das technische Pflegehilfsmittel abzulehnen oder doch noch anzuerkennen. Sollte die Krankenkasse nicht innerhalb von 3 Monaten über den Widerspruch entschieden haben, kann beim Sozialgericht eine Untätigkeitsklage eingereicht werden.

Wurde auch der Widerspruch abgelehnt, besteht die Möglichkeit, innerhalb von einem Monat eine schriftliche Klage beim Sozialgericht einzureichen. Über die möglichen Kosten, die bei einer Sozialgerichtsklage entstehen können, solltet ihr euch jedoch vorab bei einem Anwalt oder direkt beim Sozialgericht informieren.

6. Fazit

Die Verfügbarkeit und Nutzung technischer Pflegehilfsmittel spielen eine bedeutende Rolle bei der Erhaltung und Förderung der Selbstständigkeit von Pflegebedürftigen. Obwohl das Pflegehilfsmittelverzeichnis eine umfassende Liste von Hilfsmitteln bietet, kann es dennoch vorkommen, dass die Beantragung durch die Krankenkasse abgelehnt wird. In solchen Fällen ist es wichtig, die Gründe für die Ablehnung zu verstehen und entsprechend zu handeln. Es empfiehlt sich, in enger Zusammenarbeit mit einem Gutachter oder einer Pflegekraft den Antrag erneut zu stellen und gegebenenfalls weitere Informationen oder Nachweise vorzulegen.

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